Preisbremse: Industriebetriebe beklagen Schwachstellen

Die heute (15.12.2022) im Bundestag beschlossenen Energiepreisbremsen haben für wichtige Teile der nordrhein-westfälischen Wirtschaft einen erheblichen Konstruktionsfehler. Das ursprünglich gut gedachte Instrument geht mit seinen jetzigen Bedingungen insbesondere an vielen Betrieben des energieintensiven industriellen Mittelstands vorbei. Die Rückmeldungen aus den Unternehmen sind alarmierend, sagt unternehmer nrw- Hauptgeschäftsführer Pöttering.

Auch die Industriebetriebe sind schockiert, denn: die Hürden sind einfach zu hoch. Im Handelsblatt wird Lars Baumgürtel zitiert – er ist geschäftsführender Gesellschafter unseres Mitgliedsunternehmen Zinq. “Der industrielle Mittelstand kann auf keine oder wenig Unterstützung hoffen. Der entscheidende Webfehler des Gesetzes liegt darin, dass realitätsfremde Bedingungen an die Gaspreisbremse geknüpft werden”. Antje Höning schreibt in der Rheinischen Post: “Die Gas- und Strompreisbremsen werden immer absurder. Zwar beschloss der Bundestag am Donnerstag die entsprechenden Gesetze. (…) Denn die Ampel hat sich auf zahlreiche Auflagen verständigt: So muss ein Unternehmen, das die volle Förderung erhalten will, für den Zeitraum vom 1. Februar 2022 bis Ende Dezember 2023 einen Rückgang des Vorsteuer-Gewinns (Ebitda) um mehr als 40 Prozent erwarten. Zudem dürfen Unternehmen, die mehr als 25 Millionen Euro Unterstützung haben wollen, Boni oder Dividenden nicht mehr erhöhen. Wer 50 Millionen Euro und mehr haben will, darf keine Boni und Dividenden ausschütten.”

Dies sieht Pöttering genauso und betont: “Das Gesetz ist viel zu kompliziert, in Teilen wirklichkeitsfremd und droht vielfach ins Leere zu laufen. Die strikte Kopplung der Hilfen an künftige Betriebsergebnisse in Form der EBITDA-Kriterien macht die Instrumente für viele Betriebe entweder völlig unkalkulierbar oder betriebswirtschaftlich wirkungslos. Der EU-Beihilferahmen muss jetzt kurzfristig angepasst und dann in den deutschen Energiepreisbremsen umgesetzt werden.”

Baumgürtel sieht das französische Modell als Vorbild. Eine passende Gaspreisbremse müsse alle Industriebetriebe erreichen und “bedingslos in Anspruch genommen werden”, wird er im Handelsblatt zitiert. Auch die Antragstellung und die Abrechnung blieben undurchsichtig und widersprüchlich. Baumgürtel kann auch die Differenzierung nicht nachvollziehen, die die Energiepreisbremsen bei der Höhe der Hilfen für verbundene und für nicht verbundene Unternehmen machen.

Pöttering betont noch eine weitere Herausforderung: “Außerdem muss sie schleunigst die bürokratischen Sonderregelungen zurücknehmen, die sie sich selbst ausgedacht hat. Das gilt für die Vorgaben zur Erklärung von Standort- und Beschäftigungssicherung, die an der Realität vorbeigehen und für viele Unternehmen schlicht nicht zu erfüllen sind. Auch das Verbot von Boni und Dividenden ist ideologisch und wirklichkeitsfremd. Die Regelungen greifen in bestehende Arbeitsverträge ein bzw. gefährden Zukunftsinvestitionen. Wir müssen jetzt alles tun, um industrielle Wertschöpfung in unserem Land zu halten. Die Fehler müssen deshalb schnellstens korrigiert werden. Unsere Unternehmen brauchen nun schleunigst Kalkulationssicherheit.”

Die Rheinische Post zitiert im übrigen viele Unternehmen (thyssenkrupp, Evonik, Lancess und Henkel), die ebenfalls mit dem Gesetz und der 40%-Hürde hadern: https://rp-online.de/wirtschaft/nrw-industrie-lehnt-preisbremsen-ab_aid-81517765