Wirtschaft klagt über Lehrstellen-Bewerber

Jugendliche, die in Gelsenkirchen und Umgebung eine Ausbildung suchen, sind nach Meinung der Wirtschaft oft nicht ausreichend qualifiziert. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der “arbeitgeber ruhr” hervor, zu denen auch die Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe auf der Zeppelinallee gehören. Über 40 Prozent der Betriebe sehen hier das gravierendste Problem bei der Suche nach geeigneten Lehrlingen. Andere Ausbildungshemmnisse spielen dem gegenüber eine eher untergeordnete Rolle. An der aktuellen Umfrage haben sich 237 Unternehmen beteiligt.

Michael Grütering, der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe, spricht in diesem Zusammenhang von einem erfreulichen Trend: „Die Stärkung der Kooperation mit den Schulen ist für die regionale Wirtschaft eine entscheidende Stellschraube bei der Nachwuchssicherung geworden. Hier liegen für Schüler und Unternehmen große Chancen für die Zukunft.“ In der Zusammenarbeit mit Schulen kommt den Arbeitgeberverbänden nach Ansicht von Grütering eine wichtige „Brückenfunktion“ zu. So verfügt der Verband über gute Kontakte in alle Schulformen. Aktuell sei zum Beispiel wieder das InfoMobil der Metall- und Elektroindustrie an hiesigen Schulen unterwegs. Das InfoMobil klärt Schüler der Klassen 9 und 10 anschaulich über Berufs- und Ausbildungschancen der Branche auf. Zusätzlich fördert der Verband in Gelsenkirchen Lernpartnerschaften und gründete soeben das “MINT-Büro Emscher-Lippe”, um Schulaktivitäten in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu fördern. Unter anderem wird ein Förderpreis im Werte von 500 Euro ausgelobt.

Mit den Umfrageergebnissen zeige sich, so  Grütering, dass die Unternehmen nicht nur „klagen“, sondern selbst auch „anpacken“ wollen, wenn es um die Ausbildungsfähigkeit junger Menschen geht. „Das ist auch nötig, denn die Umfragedaten zur Qualifikation sind ein echtes Alarmsignal“, so Grütering. Gerade im Ruhrgebiet zeige sich hier ein offenbar immer größer werdendes Problem. „Natürlich erwarten die Betriebe, dass Schulabgänger lesen, rechnen und schreiben können. Doch Personalverantwortliche berichten uns zunehmend, dass sie bei Bewerbern grundlegende Fertigkeiten und eine ausreichende Einstellung zur Arbeit vermissen“, erläutert Grütering.

Die Wirtschaft könne zwar vielen Jugendlichen entgegenkommen, sie könne aber nicht das, was in Schulen und Elternhäusern grundsätzlich schief laufe, auffangen und reparieren. „Es gilt gerade für das Revier, dass wir in Bildung und Betreuung investieren müssen. Da haben wir immer noch großen Aufholbedarf“, so Grütering. Die Politik solle nicht nur mit dem Finger auf die Betriebe zeigen und mehr Ausbildungsplätze fordern, sondern auch ihre „Hausaufgaben“ in den Schulen entschlossen anpacken. Nach der Erhebung konnten im vergangenen Ausbildungsjahr fast 20 Prozent der Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. „Das muss man wissen, wenn man über unversorgte Bewerber klagt“, erklärt Grütering.

In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels könne sich die Wirtschaft nicht erlauben, dass viele junge Leute ohne Perspektive bleiben. Bei jedem fünften Betrieb ist bereits ein Engpass bei Fachkräften da, das zeigt auch die Umfrage. Demnach können ca. 25 Prozent der Betriebe Stellen gar nicht oder nur mit Zeitverzug besetzen. „Der Fachkräftemangel ist signifikant, aber noch nicht flächendeckend“, so Grütering.

Flexibel sollten Schulabgänger bei den Bewerbungswegen und bei der Auswahl der Berufe sein. Außerdem müssten sie mobil sein.sein. Alles in allem zeige die Umfrage, dass die Betriebe der Ausbildung nach wie vor einen hohen Stellenwert einräumen. „Die Unternehmen unterstreichen ganz klar den Wert der dualen Ausbildung. Nicht nur ein Studium bietet gute Chancen. Es bleibt unsere Aufgaben, jungen Leuten die guten Perspektiven – gerade auch der technischen Ausbildungsberufe – zu vermitteln“, so Grütering abschließend.